Porträt: Die d’arta Gruppe

Zentrale Kompetenz, eine starke Position und eine kluge Gesamtstrategie: Die belgische d`arta-Gruppe – ein Global Player im Bereich TK-Gemüse, -Obst, -Kräuter und -Fertiggerichte – Tradition und Innovation: Ein solides Familienunternehmen, das gesamteuropäisch und international aufgestellt ist CO-Geschäftsführer Karel Talpe: „Wir haben es in jeder Hinsicht mit einer Zeitenwende zu tun, die alle Sektoren des Lebensmittelmarktes betrifft“

„Ich glaube, dass wir vor einer Zeitenwende stehen, die den Status von Lebensmitteln sowie das Ess- und Einkaufsverhalten und auch die Produktion von Nahrungsmitteln deutlich verändern wird. Nach meiner Einschätzung werden die Preise in unseren Märkten weiterhin hoch bleiben. Ich nehme auch nicht an, dass Lebensmittel mittel- wie langfristig nochmal erheblich günstiger werden. Die Endverbraucher werden sich in vielerlei Hinsicht umstellen – in Bezug auf den Faktor bewusste Ernährung, also etwa in der Reduzierung ihres Fleischverzehrs, aber auch in der Frage, welchen Stellenwert sie ihrer Ernährung grundsätzlich beimessen, gerade auch als Kostenpunkt. Diese Verschiebungen haben drei elementare Gründe: Einmal bedingt durch eine andere Wertehaltung, aber auch durch finanzielle Rahmenbedingungen und mögliche Einschränkungen verursacht, die ein Umdenken bei den privaten Ausgaben einfordern. Man wird sich also demnächst dann wohl auch fragen müssen: Brauche ich jedes Jahr ein neues Mobiltelefon für 1000 Euro, oder muss oder will ich das Geld lieber für gute Lebensmittel ausgeben? Der dritte Faktor sind übergeordnete Krisen, wie wir sie ja leider in den letzten Jahren geballt erleben mussten – Corona, der Ukraine-Krieg, Probleme in den globalen Lieferketten. Diese außergewöhnlichen Verkettungen stellen sicherlich eine Ausnahme dar, aber sie haben schon aufgezeigt, wie labil und verletzlich unser System ist. Diese Zustände können sich wieder normalisieren, aber sie werden wohl nicht auf das Niveau und zu den Rahmenbedingungen zurückkehren, die wir bisher für selbstverständlich hielten. Die nächste große Herausforderung wird darin bestehen, wie sich der Klimawandel entwickelt und welche Antworten wir darauf finden werden…“, fasst Karel Talpe (44), einer der vier geschäftsführenden Gesellschafter der d`arta-Gruppe, die Kernthemen der derzeitigen und zukünftigen Veränderungsprozesse zusammen.

Das Familienunternehmen wurde 1988 in der belgischen, westflandrischen Gemeinde Ardooie gegründet. Die Region ist bäuerlich und ländlich geprägt – und vor allem wegen ihres Gemüseanbaus bekannt. Weite Felder und landwirtschaftliche Betriebe prägen das Umland des kleinen Ortes (mit etwa 9000 Einwohnern), das im geografischen Dreieck zwischen Brügge, Gent und Kortrijk liegt und die höchste Dichte an TK-Gemüseproduzenten in Europa vorweisen kann.  Rund 30 Prozent der gesamten europäischen Produktion von Tiefkühlgemüse kommen aus dieser Gegend.

Die Gründungsväter von „d`arta – frozen food“ waren Jean-Pierre De Backere und Johan Talpe. Der Unternehmensname setzt sich aus der Präposition d` von De Backere, der ersten Silbe des Standortes Ardooie und den ersten zwei Buchstaben des Nachnamens Talpe zusammen. In nur 34 Jahren hat sich das Unternehmen, das immer noch zu 100 Prozent in Familienbesitz ist, zu einem Global Player in der Entwicklung, Verarbeitung und Vermarktung von Tiefkühlprodukten in den Bereichen Gemüse, Obst, Kräuter und Fertiggerichte entwickelt. Allein der Stammsitz in Ardooie umfasst eine Gesamtfläche von 400.000 Quadratmetern. Insgesamt verarbeitet die d`arta-Gruppe, deren Firmenslogan „It´s a green green world“ ist, jährlich rund 250.000 Tonnen an Rohwaren und beschäftigt etwa 1100 Mitarbeitende (davon rund 450 an der Firmenzentrale in Ardooie).

„Wir müssen immer wachsen, um zu den Besten zu gehören“

Karel Talpe sitzt im neuen Headquarter am Firmensitz, das Anfang dieses Jahres bezogen werden konnte und auffällig futuristisch an der ganz normalen Landstraße Modernität und Selbstbewusstsein ausstrahlt. Riesige Außenplakate werben für neue Mitarbeitende am schönen, neuen Arbeitsplatz im „Green-Team“. Das hyper-moderne Flagschiff glänzt von außen wie auch von innen durch eine großzügige, offene und fortschrittliche Architektur, die man eher als Co-Working-Space in einer Metropole erwarten würde, als auf dem Lande und im eher Provinziellen. Der Blick aus seinem Büro geht durch monumentale Glasfronten auf die weiten Felder hinaus. Und in die Zukunft, wenn er sagt: „Man muss etwas tun. Wir haben hier in der Region fast Vollbeschäftigung. Wenn ich also gute Leute haben will, muss ich ihnen auch mehr bieten…Und sowieso: Wir müssen immer wachsen, um zu den Besten zu gehören oder gar der Beste zu sein…“. Im neuen Gebäude sind rund 60 Büros untergebracht.

Ein Familienunternehmen in Konzerngröße, das von zwei Brüderpaaren geführt wird

Wachstum als Kernmotor, erhebliche wie kontinuierliche Investitionen in die Produktionsanlagen und –technologien sowie Produktinnovationen prägen die Unternehmensentwicklung der letzten Jahrzehnte, die durch eine vorausschauende, kluge Gesamtstrategie gekennzeichnet ist. Immer schon, also traditionell. Nicht umsonst zieren viele Familienbilder das Board in seinem Arbeitszimmer. Nicht umsonst betont er gleich zu Beginn des Gespräches: „Wir pflegen vielleicht ein spezielles Modell in der Unternehmensführung. Gleich mit vier Chefs…, aber es funktioniert sehr gut. Wir ergänzen uns perfekt.“ Damit meint er die familiäre Struktur der Leitungsverantwortung, die er sich mit seinem Bruder Dries sowie mit Steve und Pieter De Backere gleichberechtigt teilt. Karel Talpe hat Wirtschaft studiert, sein Bruder Dries Rechtswissenschaften.

Gesamteuropäische Aufstellung – Exporte in über 100 Länder weltweit – Exportquote: 99 Prozent

D´arta ist kein Konzern, aber gesamteuropäisch und international aufgestellt. Die Exporte gehen in über 100 Länder weltweit. Bedeutende Märkte sind etwa Großbritannien und Italien. Die Exportquote nach Deutschland beträgt rund 12 Prozent. Die gesamte Exportquote der Gruppe liegt bei 99 Prozent. „Dass wir fast gänzlich exportorientiert sind, hat schlichtweg mit der Tatsache zu tun, dass die belgischen Märkte eben schon besetzt waren, als unser Unternehmen gegründet wurde.“

Direkte Nähe zu den Bauern/Produzenten

Zur naheliegenden, aber auch konsequenten wie weitsichtigen Unternehmenspolitik gehört(e) stets auch die direkte geografische, ideelle wie wirtschaftliche Nähe zu den Produzenten. Grundsätzlich gilt dies für das flandrische Heimatland, aber auch für die Errichtung oder die Übernahme von weiteren Produktionsstandorten, etwa in Portugal (für mediterrane Produkte) unter „Dardico“, im englischen Yorkshire, eine bekannte Region für die typischen „Yorkshire Peas“, oder mitten in Italien, im fruchtbaren Fucino-Tal in den Abruzzen, von dem aus hochwertige Produkte „Made in Italy“ vermarktet werden. Die Gruppe arbeitet insgesamt mit rund 600 landwirtschaftlichen Betrieben zusammen, die etwa im Radius von 250 Kilometern um die Verarbeitungsbetriebe liegen. Insgesamt 70 Prozent der Waren kommen aus dem lokalen Umfeld.

„Wir alle müssen mehr für die Existenzsicherung der Bauern tun“

„Es ist ein sehr partnerschaftliches Netzwerk, quasi eine Familie, die in allen Bereichen eng miteinander verknüpft ist. Dieses kooperative Verhältnis war immer schon sehr wichtig. Angesichts der Krisenlage, die wir gerade haben, und der Szenarien, die noch kommen werden, wird diese Zusammenarbeit als Grundlage für alles, was wir tun und planen, noch elementarer und existenzieller. Die Bauern, ihre Felder und ihr Auskommen sind unsere Basis. Gelingt es uns nicht – und mit `uns` meine ich alle Marktpartner und Verbraucher, diesen Bauern ihre Existenz zu sichern, ihnen also auch mehr Geld für ihre Produkte zu geben, steuern wir vielleicht schon im nächsten Jahr auf eine weitere Agrarkrise zu. Viele könnten sich überlegen, ihre Betriebe einzustellen und sich alternative Einkommensquellen zu suchen. Dieser Verlust wäre nicht zu kompensieren. Diesbezüglich befinden wir uns an einem Scheideweg“, beschreibt Karel Talpe den Ernst der Lage.

Die D`arta-Gruppe berät die Bauern in allen Aspekten des Anbau- und Ernteprozesses. Teilweise sind die Erzeuger mit ihren Cooperativen auch an den jeweiligen Weiterverarbeitungsbetrieben beteiligt.

„Unsere Kernkompetenz ist und bleibt die Belieferung des Food-Service-Marktes“

60 Prozent des Sortimentes werden unter dem eigenen Label „Greens“ vermarktet. Der Rest verteilt sich auf die Fertiggericht-Marke „Cuisin`easy“ und auf Eigen- bzw. Handelsmarken. „Wir sind und bleiben wesentlich ein Lieferant für den Food-Service-Bereich. Hier liegen unsere Kernkompetenzen und unsere langjährigen Erfahrungen, die unsere Gruppe erfolgreich geprägt und weiterentwickelt haben. Unser System ist entsprechend optimal auf die Bedürfnisse dieses Marktes ausgerichtet. Sämtliche Unternehmensbereiche sind auf die besonderen Anforderungen dieses Kundenkreises ausgerichtet. Traditionell, in der gemeinsamen Entwicklung über Jahrzehnte, aber auch in Richtung Zukunft. Diese enge Zusammenarbeit wird sicherlich noch wichtiger werden, wenn wir die anstehenden Aufgaben, die nicht unerheblich sind, positiv und vor allem auch gemeinschaftlich lösen wollen. Was wir dazu beitragen können, werden wir leisten. Etwa im Kontext der Versorgungssicherheit, in der Nachhaltigkeit, in Bezug auf neue Trends sowie mit technischen und sortimentsmäßigen Innovationen“, hebt Talpe die spezifische Nähe der d´arta-Gruppe zur Food-Service-Branche hervor.

Aktuell werden 65 Prozent des Absatzes im Food-Service-Segment erzielt. 30 Prozent gehen in Richtung Lebensmitteleinzelhandel und fünf Prozent in die Industrie. Die geschäftliche Partnerschaft mit der TIFA begann bereits Anfang der 90er-Jahre. Insgesamt hat das Familienunternehmen rund 1200 Kunden, davon kommen rund 500 aus Italien.

Ressourcenschonende Maßnahmen und grüne Energie – 300 Mio. Liter Wasser für die Produktionen – 70 Prozent des Brauchwassers werden recycelt

Um Besuchern die weitläufigen Firmen- und Produktionsbereiche zu zeigen, nutzt Talpe ein Golf-Cart in Minibus-Größe. Bei der Rundfahrt geht es vor allem auch um das Thema Nachhaltigkeit. Auf dem Gelände liegt nicht nur ein 1 Hektar großer See, der als Wasserspeicher genutzt wird, sondern auch ein hoch aufgeschossener Wasseraufbereitungskomplex. Dazu erklärt er: „Für unsere Produktionen brauchen wir jährlich rund 300 Mio. Liter Wasser. Wasser ist für uns also ein ganz wesentlicher Grundstoff. Mit der Anlage können wir rund 70 Prozent des Brauchwassers wieder recyceln.“ Die Verfügbarkeit von Wasser ist von existenzieller Bedeutung, deren Sicherung angesichts der Klimakrise noch zunehmen wird. Auch das Werk „Dardico“ in Portugal liegt an einem großen, natürlichen See. 2018/2019 wurde direkt neben den Werkshallen zusätzlich eine Lagune angelegt. Am Firmensitz in Ardooie sorgt zudem ein acht Hektar großer Solarpark auf den Produktionsdächern für grünen Strom. Rund sechs Prozent des gesamten Strombedarfs können damit gedeckt werden. Zurzeit wird auf dem Gelände in Ardooie auch eine Windkraftanlage hochgezogen, die demnächst 16 Prozent der insgesamt notwendigen Energiemenge liefern soll.

„TK-Gemüse ist nachhaltiger“

„Die Beurteilung von Nachhaltigkeit kann immer auch eine Frage des Blickwinkels, bestimmter Interessen und der Position sein. Aber es gibt gute Argumente, feststellen zu können, dass TK-Gemüse im CO2-Print nachhaltiger ist als Frischgemüse. Die Produktions- und Transportkette ist bei Frischgemüse fragmentierter, also mit einem größeren Energieverbrauch verbunden. Wir produzieren zentraler, kompakter sowie automatisierter, reduzieren so den Energie- und Wasseraufwand sowie die Abfallmenge erheblich. Zudem portionieren wir optimal, sodass entlang und auch am Ende der Kette der Warenverlust deutlich geringer ausfällt“, markiert er abschließend.

Die Reise durch die d´arta-Welt endet wieder am neuen Bürogebäude, um das große, saftig-grüne Rasenflächen leuchten, deren letzte Bahnen gerade gelegt werden. „It´s a green green world“, allerdings ist das satte Grün hier künstlich. Darauf angesprochen, schmunzelt er und sagt offen wie ehrlich: „…ich hab´s ja eben erwähnt. Wir müssen Wasser sparen. Auch so.“